Erst im April 2021 hat sich die Vorlage GOLGO 13 einen Eintrag im Guinessbuch der Rekorde als Manga mit den meisten Ausgaben sichern können. Es ist eigentlich erstaunlich, dass die seit 1969 erscheinende Reihe erst zweimal als Live-Action-Film für die große Leinwand adaptiert wurde. Nach der Erstverfilmung von 1973 mit Ken Takakura durfte Sonny Chiba in die Rolle des berüchtigten Auftragskillers schlüpfen.
Golgo 13 (Sonny Chiba) wird vom amerikanischen Drogenkartell beauftragt, in Hongkong ihren Konkurrenten Chow (Nick Wai) auszuschalten. Den Böswatz, der hohes öffentliches Ansehen genießt und einen guten Draht zum Fremdenverkehrsamt besitzt, konnte bisher noch keiner der amerikanischen Killer beikommen. Aber auch die Polizei in persona Detective Sminny (Lun Chia) hat ihn auf dem Kieker. Die Undercover-Agentin Lam Ling (Etsuko Shihomi) konnte sich erfolgreich in die Organisation Chows einschleusen. Doch sie fliegt auf, als sie den Gangstern zu einer Drogenfabrik folgt.
Während sie nun dort verschärft verhört wird, gerät Golgo 13 eher zufällig zuerst an Sminny und dann an die Schergen des Gangsters, als er, ganz Galan, einer Frau zur Seite steht, die in einer Seitengasse ihren Freund erschießt. Nachdem er die kriminellen Handlanger zerhackstückt hat, weiß Chow natürlich, woher der Wind weht. Sminny ist inzwischen auf zur Drogenfabrik, doch statt Lam Ling zu befreien, muss er mit ansehen, wie sie erschossen wird. Auch bei Golgo 13 läuft nicht alles nach Plan, denn als er gerade auf Chow anlegt, wird der hinterrücks von einer Frau erschossen. Zudem war der Tourismus-Unternehmer gar nicht der Drahtzieher des Drogenhandels, sondern nur ein Strohmann. Eine Jagd durch Südostasien beginnt…
Wie man schon anhand der dieses Mal fast schon ausufernden Inhaltsangabe erkennen kann, lehnt sich GOLGO 13: KOWLOON ASSIGNMENT mehr an Agentenabenteuer jener Zeit an. Und das nicht ohne Grund, denn die Manga-Vorlage entstand nach Vorbild der japanischen Comic-Umsetzungen des Agenten 007, JAMES BOND. Das Set Hopping wurde den Abenteuern des legendären Killers also schon in die Wiege gelegt. In einem Interview mit Chris D. (“Outlaw Masters of Japanese Film”) gab Star Sonny Chiba auch an, dass dies der Grund gewesen wäre, warum die filmische Umsetzung von GOLGO 13 nie wirklich in Serie gegangen ist – es war schlichtweg zu aufwändig und teuer. Und so blieb es bei den beiden Filmen von 1973 und 1977. Die japanische Filmindustrie war da halt sehr pragmatisch veranlagt. Deswegen wurde diese Manga-Verfilmung dann als Koproduktion von Toei mit einem Partner in Hongkong gestemmt, wie der vorangegangene Film mit einem Partner im Iran.
Hingegen zur 73er-Version mit Ken Takakura, die ausschließlich in Persien entstand, verprüht GOLGO 13: KOWLOON ASSIGNMENT doch so etwas wie internationales Flair. Nachdem die erste Hälfte des Films bis zum Attentat auf Chow sowie einem Versuch der Liquidierung von Golgo 13 in Hongkong spielt, springt die Handlung danach, dem Hintermann des Syndikats folgend, nach Japan und nach Taiwan, wo es auf einer Festungsinsel zum Showdown kommt. Dem Killer auf den Fersen ist dabei immer Inspector Sminny (wer hat sich den Namen bloß ausgedacht), der ihn am liebsten sofort dingfest machen möchte, aber in Japan keine Handhabe dafür besitzt und in Hongkong schließlich keine handfesten Beweise. Erst sehr spät verfolgt er den Ansatz, dass der Feind seines Feindes auch praktisch sein Freund sein kann, wenn es darum geht, den Tod von Lam Ling zu rächen.
Sonny Chiba passt jedenfalls wie ein Schuss zwischen die Augen (dem Erkennungszeichen des Killers) zur Persona von Golgo 13, jedenfalls im Sinne dieses Films. Ich kenne die Mangas leider nicht (die sind verflucht teuer geworden), aber in den anderen filmischen Bearbeitungen, ob in Form des ersten Realfilms oder der späteren Animes, wurde die menschliche Seite hinter der stahlharten Fassade des Killers etwas signifikanter herausgearbeitet. Hier begnügt sich das Skript damit, Sonny Chiba halt einmal die Frau retten zu lassen, die einen der Gangster erschießt. Sie darf sich dann später dafür revanchieren (nein, nicht was ihr denkt, sei versteckt seine Waffe; also nicht die, eine echte Waffe). Irgendwelche amourösen Anwandlungen gibt es nur in einer kurzen Bettgeschichte mit einer Handlangerin der Gangster, die sich als Falle herausstellt. Denn erstaunlicherweise ist die Konkurrenz, die vor seinen Augen Chow erledigt, auch weiblich.
Regisseur Yukia Noda treibt das Geschehen flott voran, die Action ist gefällig, bietet einige Shoot-outs, Handgreiflichkeiten und ansatzweise spektakuläre Verfolgungsjagden. Auch das Finale auf der Festungsinsel kann sich durchaus sehen lassen. Ein übermäßig blutiges Spektakel sollte man allerdings nicht erwarten, GOLGO 13 beweist nicht mehr als internationale Härte. Man sieht dem Film an, das einiges an Mitteln hier reingeflossen ist, er wuchert geradezu mit Establishing Shots der verschiedenen Locations, das macht schon was her. Noda drehte ja ein paar Male mit Chiba, die ersten beiden YAKUZA DEKA-Filme sowie IN DER HÖHLE DES SCHWARZEN PANTHERS (der liegt hier auch bereit). Außerdem hat er Meiko Kaji im genauso sleazigen wie brutalen DER TIGER VON OSAKA durchaus gut in Szene gesetzt.
Co-Star Callan Leung dreht oftmals etwas sehr am Rad, aber seine Rolle schreibt das irgendwie auch so vor, Inspector Sminny ist ein Mann, der schnell mal aus der Haut fährt und immer unter Strom steht, man mag ihm also verzeihen. Die süße Etsuko Shihomi, unsere liebe Sister Street Fighter, darf sich nicht allzu sehr auszeichnen. Sie tanzt ein wenig im Club der Gangster, wird geschnappt und dann gefoltert, ihre Skills als Kämpferin sind leider nicht gefragt. Sie hat keine einzige Szene mit ihrem Mentor Sonny Chiba, mit dem sie so oft vor der Kamera stand. Das ist schon wirklich ein wenig schade. Sowieso spielen die Frauen in diesem Film eher die zweite Geige, auch wenn sie durchaus Schlüsselrollen (Lam Ling, die Killerin und auch die Frau, die Chiba rettet) einnehmen.
GOLGO 13: KOWLOON ASSIGNMENT ist ein guter Action-Thriller von internationalen Format, der jedem Chiba-Fan eh ans Herz gelegt sei. Das sind 90 actiongeladene und kurzweilige Minuten, die im Nu rum sind. Ich hab mir vor ein paar Jahren die “Kill Chiba Box” aus den USA geholt, wo auch THE BULLET TRAIN (Kurzfassung) und THE EXECUTIONER enthalten sind. Die Filme sind von VHS gezogen, besitzen eine englische Synchro, doch die Bildqualität ist dementsprechend schlecht. Sehr empfehlenswert ist die Veröffentlichung von Optimum Releasing aus England, die den Film mit exzellentem Bild und japanischen O-Ton enthält.
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