Visum für die Hölle (1972)

Trotz illustrer Besetzung und Kino- wie Videothekeneinsatz lief der Blaxploiter VISUM FÜR DIE HÖLLE (1972) hier in Deutschland immer ein wenig unter dem Radar.

Ein Gruppe militanter Schwarzer raubt einen Buchmacher aus, stielt dabei auch brisante Bücher der Mafia. Der Mafioso Capelli (Martin Landau) setzt darauf alle Hebel in Bewegung, um wieder an die belastenden Dokumente zu kommen. Einer der Räuber war Scott, der Bruder von Nachtclubbesitzer Gunn (Jim Brown), der nun bei ihm die gesuchten Unterlagen deponiert. Natürlich schlagen auch Polizei und Capellis Handlanger bei ihm auf, doch er verweist sie alle der Tür. Als dann Scott ermordet wird, startet Gunn einen erbarmungslosen Rachefeldzug…

Zugegeben, das ist sicherlich nicht der beste Film gewesen, in dem der ehemalige Footballer Jim Brown den harten, aber aufrechten Typen geben durfte. Zu lange schlingert die Krimihandlung hin und her, Gangster und Polizisten marschieren bei Gunn auf, bis der Bruder über den Jordan geht und unser Held auf Rachemodus schalten darf. Und die spult VISUM FÜR DIE HÖLLE dann auch noch nach Schema F ab; Gunn prügelt sich von Station zu Station, um die Lumpen in die Zange zu nehmen und nach dem nächsten Namen auszuhorchen. Genauso gestaltet sich die Action alles andere als spektakulär, es darf sich ein wenig gehauen und in schnellen Gegenschnitten über den Haufen geballert werden. Zumindest präsentiert sich das im Endergebnis als recht blutig.

Wo schon inszenatorisch und erzählerisch nicht wirklich viel los ist, ergeht sich die Charakterzeichnung vor allem der Angehörigen des Mobs richtig schön in Klischees. Die italienischen Gangster werfen nur so mit verächtlichen, rassistisch herabwürdigenden Sprüchen um sich. Und ihre afro-amerikanischen Kontrahenten bemühen den Slang des damaligen militanten Untergrunds. Gunn steht hierbei als gemäßigter, eher diplomatischer Charakter trotz seiner Hautfarbe quasi zwischen den Fronten. Es ist schade, dass das Skript das nicht noch mehr ausspielt. Denn als sein Bruder in seinen Händen stirbt, geht auch jedweder Ansatz von Ambivalenz flöten. Genauso verlieren fortan der ausgespielte alltägliche Rassismus und die angeprangerte soziale Ungerechtigkeit an Gewicht. Der Film folgt von da nurmehr den festgefahrenen Faden des Revenge-Thrillers.

Was VISUM FÜR DIE HÖLLE (ein wahrhaft nichtssagender deutscher Titel mal wieder, den der Verleih in der Videothek zumindest auf SCHWARZES DYNAMIT korrigierte) noch etwas aufwertet, ist die durchaus ansehnliche Besetzung. Der Cast bietet neben Brown und Landau bekannte Gesichter wie Bernie Casey, Gary Conway und den zuverlässigen Henchman Bruce Glover. Ein interessanter Besetzungscoup stellt die Italienerin Luciana Paluzzi dar. Sie war ein ehemaliges Bond-Girl aus FEUERBALL, und damit die Vorgängerin von Kim Basinger. Sie hinterlässt als durchtriebene Gangsterbraut bleibenden Eindruck, auch wenn ihre Rolle nicht gut ausformuliert wirkt.

Wer Jim Brown ordentlich in Action sehen will, ist sicherlich mit SLAUGHTER oder DREI EISKALTE PROFIS besser bedient. VISUM FÜR DIE HÖLLE stillt eher den kleinen Blaxploitation-Hunger zwischendurch. Der Film war lange nur als Bootleg-DVD erhältlich, erhielt nun ein HD-Update in der Black Cinema Collection von Wicked Media. Sammler werden die Box eh voll machen wollen, bekommen hier den Film hier in exzellenter Bild- und Tonqualität. Ein Booklet und eine Dokumentation runden das wie immer lohnenswerte Gesamtpaket ab.

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Author: Thomas Hortian

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