Battles Without Honor and Humanity (1973)

Kinji Fukasakus Yakuzafilme waren lange eine Bildungslücke in meiner filmhistorischen Sozialisation. Gerade seine BATTLES WITHOUT HONOR AND HUMANITY-Reihe, auch bekannt unter “The Yakuza Papers”, gilt als Must-see unter Yakuza-Film-Fans und Kennern des japanischen Films gleichermaßen. Und dabei stand die tolle Box von Arrow Films, zu der ich an anderer Stelle noch ein paar Worte verlieren werde, schon seit einigen Jahren ungeöffnet in meinem Regal und verstaubte. Also jetzt endlich zum ersten Film der fünfteiligen Reihe.

Battles Without Honor and Humanity (Kinji Fukasaku, 1973)

Tokio, 1946. Kriegsveteran Shozo Hirono (Bunta Sugawara) tötet in Notwehr einen Gangster mit mehreren Schüssen. Dennoch wird er zu einer Gefängnisstrafe verurteilt. Er schließt dort Freundschaften, die ihn auch in Freiheit auf seinen weiteren Lebensweg begleiten werden. Shozo schließt sich mit ihnen einem einflussreichen Yakuza-Clan an. Doch mit der Zeit kocht jeder sein eigenes Süppchen. Es entspinnt sich inmitten von Konflikten mit anderen Clans ein Geflecht aus Intrigen und Verrat, das immer mehr Clan-Mitglieder und Freunde das Leben kostet…

Chronologie eines Werteverfalls

Kinji Fukasakus Gangster-Epos BATTLES WITHOUT HONOR AND HUMANITY basiert auf einer Reihe von Zeitungsartikeln, in dem der Yakuza Kōzō Minō dem Reporter Kōichi Iiboshi seine Lebensgeschichte erzählt. Die Namen wurden für die Filmversion geändert und einige dramaturgische Anpassungen vorgenommen. Beibehalten hat Fukasaku jedoch einen eher dokumentarischen Stil, der die Abfolge der Ereignisse chronologisch verfolgt und vor allem die verschiedenen Opfer des Yakuza-Krieges zeitlich genau einordnet. Das erzeugt eine hohe erzählerische Dichte, die dem geneigten Zuschauer eine große Aufmerksamkeit abverlangt. Denn das Drehbuch legt nicht viel Wert auf tiefergehende Charakterisierungen der Beteiligten, setzt ganz auf die Abfolge der Ereignisse. Diese zeigt der Film in blutigen Bildern, die auch heute wahrlich nichts für Zartbesaitete sind. Alles wichtigen Figuren werden, für Asien nicht unüblich, mit Texttafeln vorgestellt. So behält man zumindest einigermaßen den Überblick über die fast zwei Dutzend Personen, die sich im Laufe der knapp 100 Minuten Laufzeit für die Entwicklung der Handlung wichtig sind.

Der Meisterregisseur seziert dabei die Machtverhältnisse innerhalb der Clans, entlarvt Werte wie Loyalität und Freundschaft als aufgesetzt. Wenn es darum geht, die eigene Position zu festigen oder zu verbessern, ist sich zumeist jeder selbst der nächste. Macht und Geld korrumpieren auch die ehrenwertest erscheinende Person. So muss Shozo miterleben, wie seine Welt immer mehr in sich zusammenbricht. Dies lässt ihn am Ende dann verbittert und nicht weniger rachsüchtig als seine Feinde zurück. Das setzt er dabei immer in den Kontext zum Zeitgeschehen und gesellschaftlichen Entwicklungen in Japan. Dies wird zum großen Teil durch einen Off-Sprecher transportiert und durch zeitgenössische Titelseiten von Zeitungen illustriert.

Battles Without Honor and Humanity – Kämpfe ohne Ehre und Menschlichkeit

Wie viele Menschen steht der Protagonist nach dem zweiten Weltkrieg in den Ruinen der eigenen Existenz. Es ist eine Extremsituation, in der er schnell lernt, sich anzupassen und eigene Interessen mit gnadenloser Brutalität durchzusetzen. Dazu geht er Freundschaften und Bündnisse ein, die eigentlich allen Beteiligten zu gute kommen sollen. Doch Loyalitäten und Freundschaften sind in der unruhigen Nachkriegszeit der 1940er und 1950er brüchig. Es entspinnt sich eine Spirale der Gewalt, die in ihrer komprimierten Abfolge so manchen Zuschauer überfordern dürfte. Zumal der Gewaltgrad des Gezeigten nicht ohne ist.

Wer aber einen Faible für gut erzählte Gangsterfilme hat, sich von der rastlosen Erzählweise und der dargebotenen Gewalt nicht abschrecken lässt, sollte unbedingt mal einen Blick riskieren. BATTLES WITHOUT HONOR AND HUMANITY entzieht sich gänzlich den Klischees des Hollywood-Kinos. Fukasakus Film ist ein rohes Meisterwerk, das gerade durch seinen semi-dokumentarischen Stil eine unglaubliche Sogwirkung entfaltet.

In Deutschland ist der Film von Rapid Eye Movies auf DVD veröffentlicht worden. Diese enthält ihn ungeschnitten mit einer Freigabe ab 16 Jahren, im O-Ton mit deutschen Untertiteln.

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Author: Thomas Hortian

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