Antonio Margheritis ASPHALT-KANNIBALEN nahm unter den Menschenfressern vom Stiefel schon immer eine Sonderstellung ein. Da er endlich hierzulande auf Blu-ray erschienen ist und er auch nächste Woche auf den B-Film Basterds 2023 läuft, ist eine erneute Sichtung mehr als angebracht.
Asphalt-Kannibalen (Antonio Margheriti, 1980)
Norman Hopper (John Saxon) ist mit einem unverarbeiteten Trauma aus Vietnam in die Heimat zurückgekehrt. Ihn quält ein unnatürliches nach menschlichen Fleisch, das ihn bei der jungen Nachbarstochter kurzzeitig überkommt. In seinem Kopf brodelt es sowieso, was er aber für sich behält. Seine Frau Jane (Elizabeth Turner) hält deswegen immer mit Dr. Mendez (Ramiro Oliveros), Normans Arzt und ein alter Verehrer. Als sein alter Kamerad Bukowski (Giovanni Lombardo Radice) durchdreht und im Kino eine Frau beißt, entschließt er sich zu Handeln. Er befreit Bukowski und dem ebenfalls eingewiesenen Thompson (Tony King) aus der Psychiatrie. Mit ihnen flieht auch Krankenschwester Helen (May Heatherly), die auch von Bukowski gebissen wurde. Als sich herausstellt, dass die Veteranen eine gefährliche Krankheit übertragen, die Menschen zu kannibalistischen Bestien mutieren lässt, jagen sie Polizei und Nationalgarde gnadenlos durch die Kleinstadt…
Mit ASPHALT-KANNIBALEN habe ich früher ja immer ein wenig gehadert. Weil er mir eben nicht das geboten hat, was ich von ihm erwartet hatte. Denn der Trailer hierzu war einer der Gründe, warum ich mich Anfang der 90er mit dem Italo-Virus infiziert hatte. Andere Trailer hörten auf Namen wie GROSSANGRIFF DER ZOMBIES (die Musik!) oder THE RIFFS – DIE GEWALT SIND WIR (die coolen Typen!), da saß der kleine Thomas mit großen Augen vorm TV.
Inzwischen mag ich den sehr gerne. Margheriti (oder auch das Skript von Sacchetti) interessiert sich ja augenscheinlich mehr für die spannungs- und aktionstreibenden Elemente, was im Endeffekt auch gut ist. Der Kannibalismus spielt nur eine untergeordnete Rolle, weil er eben nur ein Symptom ist. Dadurch ergibt sich auch ein wenig Platz für die gebrochenen Charaktere. Der Film profitiert in nicht ungefähren Maße von den schauspielerischen Leistungen der Hauptdarsteller.
John Saxon war damals wohl nicht glücklich mit dem Film, wie er später sagte. Doch als eher passiver Heimkehrer passt er hier wie die Faust aufs Auge. Giovanni Lombardo Radice gibt in den Szenen, in denen sein Bukowski durchdreht, dann dem Affen etwas, aber nicht zu viel, Zucker. Als dritter im Bunde bekommt Tony King nicht die großen Möglichkeiten seiner Kollegen, kann aber auch überzeugen.
Sie werden dann im Laufe des Films von der Gesellschaft als Monster geächtet und gnadenlos gejagt, als bekannt wird, dass von ihnen eine Gefahr in Form einer Virusinfektion und um sich greifenden Aggressionen ausgeht. Damit gehört ASPHALT-KANNIBALEN eigentlich auch tatsächlich zu den Pandemie-Thrillern wie Romeros CRAZIES, Lenzis GROSSANGRIFF DER ZOMBIES oder Danny Boyles 28 DAYS LATER. Ein feiner Film, der nun von StudioCanal/Media Target in einem Mediabook veröffentlicht wurde. Neben der restaurierten HD-Fassung hat es auch die deutsche Kinofassung (seinerzeit sowieso ungeschnitten) auf die Disc geschafft. Charmant! Dazu gibt es noch einige lohnenswerte Extras, während das Booklet leider auf erhellende Texte verzichtet.
Was ich nicht verstehen kann, ist, dass man nicht die Gelegenheit genutzt hat, um ihn endlich vom Index zu holen. Wo doch jetzt sogar die “richtigen” Kannibalen-Schocker wie MONDO CANNIBALE und MONDO CANNIBALE – DER VOGELMENSCH eine FSK-Freigabe bekommen haben. Das macht ASPHALT-KANNIBALEN gewiss nicht schlechter, dennoch wäre eine ungehinderte Neuentdeckung dieses vergessenen Klassikers wünschenswert.
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