Der Herren Mattei und Fragasso waren ja in den 80ern für einige Verbrechen gegen den guten Geschmack filmischer Art bekannt, gerade der Horrorfilm hatte es ihnen angetan. Dabei kam dann entweder eine Trashgranate wie DIE HÖLLE DER LEBENDEN TOTEN oder eine Nulpe wie ZOMBIE III dabei rum. Der Endzeit-Tierhorror THE RIFFS III – DIE RATTEN VON MANHATTAN gehört wieder zu den unterhaltsameren Vertretern seiner Art.
Die menschliche Zivilisation ist mal wieder untergegangen. Und zwar unter die Erde, weil die nach einem Atomkrieg verstrahlte Oberfläche bis auf einen schmerzhaften Tod nichts mehr für die Menschen bereit hielt. Doch 100 Jahre später hielt es eine Gruppe junger Mittdreißiger nicht bei ihren spießigen Mitunterweltlern und sie zogen in ihrem fast noch jugendlichem Gleichmut heraus in die große, weite Welt, geführt von einfach Weisheiten wie:
Computern und Leichen sollte man möglichst aus dem Weg gehen.
Und was für eine illustre kleine Runde das ist! Die Namen ganz pragmatisch gewählt, ich mag es ja, wenn einem der Charakter eines Menschen mit seinem Namen gleich ins Gesicht springt:
- King, der Anführer der Gruppe
- Video, der Computerspezialist
- Deus, der Spiritist
- Lucifer, das Arschloch
- Taurus, der Übermütige
- und Chocolate, die, naja, es waren andere Zeiten.
Auf ihrer Suche nach einer neuen Heimat, die sie so nahm, wie sie nunmal waren, machen sie die leeren Straßen von dem unsicher, was einmal New York war. Versteckt hinter einer Kneipe finden sie eine geheime Forschungseinrichtung mit einer Computeranlage, frischem Wasser und Gewächshäusern, ihre Zukunft scheint gesichert! Die Laune der Truppe ist ausgesprochen gut, bis sie in der Nacht von einer Armee Ratten angegriffen werden, die das Trinkwasser verunreinigen, die Motorräder zerstören, Lucifer töten und sich durch seine Geliebte durchfressen, von unten rein und oben wieder raus. Dieser Rückschlag bringt natürlich Unfrieden in der Gruppe und der Führer der einen Mann mit Groupie umfassenden Opposition bringt es zum Ausdruck:
Wenn ein Anführer einen Fehler macht, wird er eliminiert und durch jemanden ersetzt, der es besser kann als Du … und ich kann es besser als Du!
Das ist natürlich nur die Spitze des Eisbergs und der Anfang sich aufwiegelnder zwischenmenschlicher Konflikt innerhalb, sowie der Kampf um die eigene Existenz gegen eine unbarmherzige Natur außerhalb der Gruppe. Geschickt spiegeln Mattei und Fragasso den naturalistisch geprägten Herrschaftsanspruch des Menschen über die Schöpfung und sein Bestreben zur Manipulation seiner Umwelt durch wissenschaftlichen Fortschritt im Kampf des überheblichen Machismo der Menschengruppe gegen die ihm natürlich intellektuell überlegenen Ratten. Das ist dann ungefähr so, als ob sich die russische Armee mit 10.000 Mann und einem Arsenal tödlicher Waffen in einer Guerilla-Taktik versucht, die unbewaffnete fünfköpfige Population eines afghanischen Steppendorfes zu überrumpeln. Das ist subtil, das ist tiefgründig, es zeichnet ein sehr aufschlussreiches Bild von Ratten in Situationen extremer Überlegenheit. Und die menschlichen Testobjekte sehen schließlich keinen Ausweg mehr:
Wieso sollen wir uns verbarrikadieren? Ich will einen schnellen Tod!
Was die beiden Herren vom Stiefel praktizieren, ist natürlich ganz große Trashfilmkunst. THE RIFFS III – DIE STRASSEN VON MANHATTAN recycelt ein paar verwaiste Sets von Manhattans Gassen aus Leones ES WAR EINMAL IN AMERIKA (ich hätte nie gedacht, gerade die beiden Titel mal in einem Satz zu verwenden, ehrlich), schmeißt eine Handvoll Protagonisten ins Geschehen und dazu ein paar Ratten. Alles, was es sonst noch braucht sind eine ausweglose Situation und ein Konflikt (ganz Katastrophenfilm) und ein paar krude Bluteffekte, damit das Zielpublikum auch weiß, warum es ins Kino gekommen ist. Und für Fans ist der Film sicherlich ein nie versiegender Quell der Freude. Alleine das tolle, den alten EC Comics ähnliche Ende, packt mich jedes Mal. Ehrlich, ich bin immer wieder voller Vorfreude darauf. Großartig.
Ich finde ja den orginalen Titel RATS – NOTTE DI TERRORE ja schon super, keine Ahnung, warum man in Deutschland unbedingt eine Fortsetzung der RIFFS-Filme von Castellari brauchte. Waren die schon im Kino so erfolgreich? Oder gingen sie zu der Zeit gerade in den Videotheken steil? Das war alles vor meiner Zeit. Der Film kam im April 1984 in die deutschen Kinos, um das Intro und einige Dialogzeilen gekürzt (die später für die DVD nachsynchronisiert wurden). Das Video wurde im selben Jahr noch für die üblichen 25 Jahre indiziert, seit 2009 ist THE RIFFS III – DIE STRASSEN VON MANHATTAN wieder frei erhältlich. Und den muss man gesehen haben.
Der erste RIFFS machte hierzulande rund 300.000 Besucher an der hiesigen Kinokasse, der zweite noch 215.000.
Die Zahlen des dritten langen wohl unter der 100.000er-Marke – zumindest ist darüber in einschlägigen Listen nix zu finden.
Da die aber von Mal zu Mal billiger produziert wurden – und der Reibach damals hauptsächlich durch den Videoverleih reinkam, sollte auch der dritte Quark hiervon letztendlich ein paar schwarze Zahlen geschrieben haben….
300.000 und 215.000 Zuschauer sind ja tatsächlich gar nicht so wenig. Aber ich denke auch, dass die in den Videotheken damals noch steiler gingen. Ich kenne jedenfalls noch so einige Leute, die die Tapes besitzen, da standen also wohl einige von rum. Aber danke für die Zahlen, so etwas ist immer interessant!