Das Subgenre des Söldnerfilms wurde bekanntlich mit Andrew V. McLaglens DIE WILDGÄNSE KOMMEN (1978) so richtig populär, und im Folgenden wurden sogar ältere Filme für den Videomarkt variantenreich umbenannt. Mario Sicilianos HÄUTET SIE LEBEND – UNTERNEHMEN WILDGÄNSE feierte seine Premiere sogar einen Monat vor dem britischen Klassiker, startete aber wesentlich später in den bundesdeutschen Kinos, weswegen der (sicherlich hurtig hinzugefügte) Beititel kaum verwundert.
Handlung
Der Journalist und Kleinkriminelle Rudy (Brian Rostron) zweigt sich bei einem Drogendeal für die Mafia Drogen ab, was jedoch nicht unbemerkt bleibt. Da der Boden ihm in Italien damit zu heiß wird, leiht er sich von seiner Geliebten Evelyn (Karin Well) Geld und verlässt sie und das Land gen Afrika. Dort hat sich sein älterer Bruder Franz (Charles Borromel) in einem in Bürgerkrieg versunkenen Land recht erfolgreich als Söldnerhauptmann verdingt. Doch Wiedersehensfreude kommt gar nicht erst auf, denn Franz will Mamas Liebling nicht um sich haben und erst recht nicht mit Geld für eine Passage nach New York ausstatten. Allerdings ist Rudy damit erst einmal inmitten des Krisengebiets gestrandet.
Bei seinem nächsten Einsatz wird die Söldnertruppe nachts vom Feind überrascht, nur einer von ihnen kann fliehen und im Lager davon berichten, dass fast alle getötet wurden und Franz nun in Gefangenschaft verweilt. Rudy bricht darauf mit den verbliebenen Kameraden auf, um den Hauptmann zu befreien. Doch sind es nicht die Familienbande, die ihn zu diesem gefährlichen Abenteuer treiben, sondern die Diamanten, die sein Bruder im Gürtel versteckt hält…
Besprechung
Der Söldnerfilm an sich ist ja nicht gerade für seinen ausufernden Humanismus bekannt. Und auch HÄUTET SIE LEBEND – UNTERNEHMEN WILDGÄNSE gestaltet sich ausgesprochen ruppig und zeichnet vor allem von den auf dem Privatsektor operierenden Soldaten europäischer Herkunft kein schmeichelhaftes Bild. Schon zu Anfang werden wir Zeuge, wie der Trupp um Franz ein ganzes Dorf niedermetzelt, wie sie plündern, vergewaltigen und morden. Trotzdem ist es durchaus unangenehm, wie sich der Film daraufhin im Rassismus der Söldner suhlt. So betrachtet Franz bspw. seine Geliebte als Eigentum, was diese scheinbar bereitwillig hinnimmt.
Viel zu selten stellt Regisseur Siciliano dem etwas gegenüber, etwa ein Pärchen von afrikanischen Studenten, die sich über die kulturelle Entwicklung unterhalten, bevor sie dem durchs Feindesland schleichenden Befreiungstrupp in die Hände fallen. Erst am Ende erhaschen wir dann auch einen Blick auf die Armee des namenlosen Landes, die schließlich Rudy einen Besuch beim Gefangenen Franz gewährt, als er sich als Pressevertreter ausweisen kann. Allerdings erst, nachdem man ihn über Stunden an einen Pfahl gebunden in der Sonne hat schmoren lassen.
Die Welt geht vor die Hunde
Ich mag nun dem Film und seinem Macher per se keinen Rassismus unterstellen, da er keine der Figuren auch nur ansatzweise sympathisch zeichnet. Es ist eher eine sehr pessimistische, schon misanthrope Weltsicht, die er verbreitet. An manchen Stellen auf dem Weg durch die Wüste lässt uns das Drehbuch an Rudys Gedankenwelt teilhaben, wenn er zurückschaut auf seine Zeit mit Evelyn. Hier deutet sich ein Reifeprozess an, man könnte meinen, dass er seiner Jagd nach Reichtum überdrüssig wäre und die Liebe, die ihm die einstige Freundin schenkte, nun zu schätzen weiß. Doch am Ende ist es doch nur der schnöde Mammon, der ihn interessiert. Er ist gefangen im Gedanken, die Zuneigung des geliebten Menschen nur mit teuren Geschenken erwidern zu können.
Mario Siciliano inszenierte bereits 1969 den frühen Genre-Beitrag 7 DRECKIGE TEUFEL, den ich leider noch nicht kenne. Handwerklich ist dieser Streifen im hellgrünen Bereich, wogegen viele der Darsteller, u.a. Giuseppe Castelloni und Mario Novelli als aufbrausende Söldner, etwas sehr deftig vom Leder ziehen. Brian Rostron passt rein äußerlich gut als Rudy, seine Mimik gestaltet sich allerdings arg begrenzt. Bruder Franz wird von Charles Borromel gespielt, er hat aber nicht viel zu tun, denn im gesamten Mittelteil bis kurz vor Schluss ist er nicht zu sehen. Die Musik von Stelvio Cipriani ist wahrscheinlich besser, als es der Film verdient.
Die deutschen Fassungen
Die deutsche Kinofassung, die auch auf der ungeprüften (und indizierten) DVD vertreten ist, entbehrt gut 8 Minuten an Handlung. Mit Blick auf den Schnittbericht wird deutlich, dass im Original noch ein weit düstereres Bild von den Söldnern gezeichnet wird. Es geht vor allem um Nazi-Vergangenheit, Impotenz und Gewalt gegen Frauen. Tatsächlich wurde die deutsche Fassung also schon erheblich abgemildert (es gibt noch eine FSK16-Kaufhausfassung, die um ganze 30 Minuten erleichtert wurde – also Finger weg!), seiner vollen Wirkung beraubt. So lässt sich nur spekulieren, ob HÄUTET SIE LEBEND – UNTERNEHMEN WILDGÄNSE nur ein spekulativer, nihilistischer Gewaltreißer sein will, oder ob Siciliano doch irgendeine Agenda verfolgt, vielleicht ein bedrückend unangenehmes Statement zur Lage der Welt abzugeben suchte.
Fazit
HÄUTET SIE LEBEND – UNTERNEHMEN WILDGÄNSE ist zackig genug unterwegs, um nicht zu langweilen und auch in Figurenzeichnung und Dramaturgie den vielen Schnellschüssen der 80er, die sich häufig in einer bloßen Abfolge von billigen und öden Schießereien ergehen, teils deutlich überlegen. Aber er bleibt in seiner Aussage einfach zu vage, in der Ausformulierung seines Protagonisten zu eingleisig. Es hätte schon geholfen, wenn die Ausschläge auf der emotionalen Richterskala wenigstens spürbar vorhanden wären, aber so wie es ist, haben sie wohl nur Alibifunktion. Da gibt es bessere Filme dieser Art (etwa GEHEIMCODE WILDGÄNSE und KOMMANDO LEOPARD von Antonio Margheriti), die sich dann mehr auf Thrill und Action konzentrieren.
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