Blumen ohne Duft (1970)

Für BLUMEN OHNE DUFT taten sich mit Filmkritiker Roger Ebert und Busenfetischist Russ Meyer zwei Legenden zusammen, um auf ihre Art mit der Schickeria der Traumfabrik abzurechnen.

Blumen ohne Duft (Russ Meyer, 1970)

Die Freundinnen Kelly (Dolly Read), Casey (Cynthia Myers) und Petronella (Marcia McBroom) träumen davon, mit ihrer Rockband The Kelly Affair in Hollywood den Durchbruch zu schaffen. Doch dort erwartet sie eine dekadente Spaß-Gesellschaft, die droht, die jungen, naiven Mädels zu verschlingen…

Boah, der hat mich jetzt komplett überfahren, was für ein Film! Der ist so vollgepackt mit Drama, Witz, Musik, Zeitgeist – wie eine große Party mit tragischem Ende. Der Aufwand ist beachtlich, der Sound, die Kostüme, die Sets sind vorzüglich. Und selbst die Entscheidung Meyers, die Rollen vornehmlich mit Stammschauspielern und Starlets zu besetzen, erweist sich als Glücksgriff, denn wahrscheinlich kannten alle am Set die Schickeria, die Spaßgesellschaft in Hollywood, agierten also auf vertrautem Terrain.

BLUMEN OHNE DUFT oder BEYOND THE VALLEY OF THE DOLLS lehnt sich deutlich an den im Titel zitierten VALLEY OF THE DOLLS (1967) an, ohne jedoch ein wirkliches Sequel sein zu wollen. Meyers Trademarks blieben dem Film erhalten, ohne ihn jedoch zu dominieren. Am ehesten könnte man ihn als eine übersteigerte, also Comic-Version des Vorbilds bezeichnen. Das macht schon eine Menge des Reizes, den das Werk zweifelsohne ausübt, aus. Dass der Film tatsächlich von 20th Century Fox produziert wurde, ist nur das Tüpfelchen auf dem I. Denn die hatten schon den oben genannten und als Indie entstandenen VALLEY OF THE DOLLS ins Kino gebracht.

Weder Eberts Drehbuch noch Meyers Inszenierung erheben irgendwo einen Zeigefinger oder zerren einen Charakter dermaßen unter die Lupe, dass er unangemessen schlecht wegkommt. Sie urteilen nicht nach Ethnie, Religion oder sexueller Ausrichtung, kategorisieren nicht nach Gut und Böse, sondern treiben die Charakterentwicklunge, zwar etwas überzogen, aber konsequent voran. Heutzutage kaum vorstellbar, dass ein Studioriese solch einen Film durchwinkt (der damals sogar ein X-Rating erhielt). Aber Ende der 60er bis Mitte der 70er steckte die Traumfabrik in einer Krise und vieles war möglich. Das hier ist ein Full Package: Meyers Direktheit und sein Hang zu comichafter Übertreibung treffen auf Eberts geschliffene Dialoge und gut beobachtete Charaktere. Ein Glücksfall von einem Film.

Leider ist BLUMEN OHNE DUFT in Deutschland bisher nur als DVD erschienen, die zudem eher schwer erhältlich ist. Ich hab den Film damals auf Kabel 1 Classics HD aufgenommen. Ich hab aber keine Ahnung, ob die ihn immer noch ab und an ausstrahlen. Ebenfalls inzwischen schwer erhältlich ist inzwischen die sicherlich hervorragende Blu-ray von Arrow Video aus dem UK. Aber hier mal nach Ausschau zu halten dürfte sich lohnen!

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Author: Thomas Hortian

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